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Fachtagung Gender & Spielkultur

Am 7. + 8. Juli 2023 findet die interdisziplinäre Fachtagung „Gender & Spielkultur“ an der Universität Siegen statt, in deren Rahmen aktuelle Entwicklungen im Bereich Gender & Gaming in den Blick genommen und diskutiert werden sollen. Einreichungsfrist für Abstracts ist der 31. März 2023. Es besteht die Möglichkeit, die Tagungsbeiträge in einem Special Issue der Online-Zeitschrift Spiel|Formen zu veröffentlichen.

Call for Papers als PDF: Link

Organisation: Finja Walsdorff in Zusammenarbeit mit Gestu_S: Zentrum Gender Studies Siegen & GamesCoop Siegen

Kontakt: finja.walsdorff@uni-siegen.de

Aus dem wissenschaftlichen Diskurs um den Themenkomplex Gender und Games gehen zahlreiche Beiträge hervor, die den Status quo der Spieleindustrie und -kultur hinterfragen. Viel Aufmerksamkeit haben bisher die Darstellungskonventionen digitaler Spiele erfahren, wobei u. a. kritisch auf die Reproduktion genderspezifischer Stereotype und die geringe Diversität auf der Darstellungsebene von Mainstream-Spielen hingewiesen wird.[1] Ergänzt werden diese Perspektiven vermehrt um Auseinandersetzungen mit kreativ-konstruktiven Nutzungsformen digitaler Spiele, welche die Gestaltung neuer Medieninhalte in den Analysefokus rücken.[2] Dabei geht es um Praktiken wie Streaming, Let’s-Play-Videos oder Modding, die vor dem Hintergrund von Gender-Fragestellungen auch als Interventionsformen interpretiert und unter Berücksichtigung ihres subversiven, empowernden Potentials analysiert werden.[3] Aktuelle Forschungsbeiträge beschäftigen sich außerdem mit Content Creation auf Plattformen wie TikTok, Twitch oder YouTube und damit verbundenen Politiken der Sichtbarkeit sowie gegenderten Formen der Selbstinszenierung.[4]

Häufiger Diskussionsgegenstand ist bis heute auch die Verfasstheit des Mediums als heteronormative „boy culture“[5], die insbesondere Frauen, nicht-binäre Spieler*innen und/oder Angehörige der LGBTQ+-Community ausschließt und – das hat nicht zuletzt die misogyn-reaktionäre Kampagne GamerGate als „Allianz der Anti-Feministen“[6] ab 2014 gezeigt – zum Teil auch aktiv angreift. Während die Spielelandschaft in den vergangenen Jahren einerseits progressiver geworden ist und geschlechtliche Vielfalt darin mittlerweile mehr Berücksichtigung findet, indem beispielsweise häufiger weibliche Figuren als Protagonistinnen in Erscheinung treten, bleiben Sexismus und genderspezifische Diskriminierung andererseits insbesondere innerhalb der Spieleindustrie und der Spiel-Communitys strukturelle Probleme. So wird in empirischen Studien beispielsweise die Allgegenwärtigkeit von sexistischem Hate Speech im Online-Gaming dokumentiert[7], während 2020 die #MeToo-Bewegung der Games-Industrie für Aufsehen sorgte. Auch im professionellen E-Sport zeichnet sich immer deutlicher ein u. a. durch sexistische Strukturen begründeter Gender Gap ab, der weiblichen Spielerinnen die Partizipation erschwert.[8]

Im Rahmen der interdisziplinären Fachtagung „Gender & Spielkultur“ an der Universität Siegen sollen aktuelle Entwicklungen im Bereich Gender & Gaming in den Blick genommen und diskutiert werden. Erwünscht sind theoretische und/oder auf der Basis empirischer Ergebnisse reflektierende Beiträge besonders zu den folgenden Themenkomplexen:

  • Kreativ-konstruktive Nutzungsformen des digitalen Spiels & Gaming-Content aus Gender-Perspektive: Streaming, Modding, Let’s Play
  • Fanpraktiken (Fanfiction, Fanart, Cosplay …) und Partizipation im Kontext von Gender und Games
  • Gaming-Influencer*innen & Gaming-(Micro-)Celebrities: Karriereweg Spielkultur, genderspezifische Trends (Hot Tub Streaming, E-Girl/Boy-Kultur, „Gamer Girls“, VTube etc.), Formen der (gegenderten) Selbstvermarktung
  • The End of Gamers? Identität und gegenderte Selbstzuschreibungen in der Spielkultur sowie deren Diskurse
  • Toxic Behavior, Hate Speech & Sexismus im Gaming
  • Gender & E-Sport
  • Gender & Diversität in der Spieleindustrie
  • Darstellungskonventionen & (Gender-)Repräsentation in Spielen
  • Aktivismus, Queer Gaming & Countergaming: Hinterfragen normativer Darstellungs-, Aneignungs- und Produktionsformen durch Spieler*innen und/oder Entwickler*innen
  • Intersektionale Perspektiven: Gender, Queerness, Race, Disability und/oder Klasse

In Verbindung mit der Fachtagung „Gender & Spielkultur“ soll Anfang 2024 ein Special Issue der Online-Zeitschrift Spiel|Formen (Open Access) erscheinen, herausgegeben von der Forscher*innengruppe GamesCoop. Es ist erwünscht, dass die Tagungsbeiträge hierfür ausgearbeitet werden. Im Anschluss an die Vorträge finden Diskussions- und Feedbackrunden statt. Neben deutschsprachigen Beiträgen sind auch Vorträge und Journal-Einreichungen in englischer Sprache möglich.

Einreichung

Es wird um das Einreichen von Extended Abstracts (max. 500 Wörter, exkl. Bibliographie) sowie einer Kurzbiographie bis zum 31.03.2023 in digitaler Form gebeten (finja.walsdorff@uni-siegen.de). Eine Rückmeldung über die Teilnahme, den genauen Ablauf sowie den Umfang der Vorträge erfolgt bis spätestens 03.04.2023.

Ablauf

Die Fachtagung „Gender & Spielkultur“ findet in Präsenz an der Universität Siegen statt. Die Teilnahme ist kostenlos, eine Anmeldung erforderlich. Das Programm mit Details zum genauen Ablauf wird im Mai 2023 veröffentlicht. Das Tagungsgebäude ist barrierefrei, im genutzten Hörsaal gibt es spezielle Plätze für Rollstuhlfahrer*innen. Rückfragen zum Thema Barrierefreiheit im Rahmen der Tagung „Gender & Spielkultur“ beantwortet gerne Dr. Sonja Weber-Menges (behindertenberatung@uni-siegen.de). 

Bibliographie

ADL. Center for Technology & Society (2022): Hate Is No Game. Hate and Harassment in Online Games 2022, https://www.adl.org/resources/report/hate-no-game-hate-and-harassment-online-games-2022 [01.12.2022].

Bryter (2022): Female Gamer Study, https://pages.bryter-research.co.uk/female-gamer-study [01.12.2022].

Consalvo, Mia (2018): Kaceytron and Transgressive Play on Twitch.tv, in: Transgression in Games and Play, Cambridge: MIT Press, S. 83-98.

Deuber-Mankowsky, Astrid (2001): Lara Croft. Modell, Medium, Cyberheldin. Das virtuelle Geschlecht und seine metaphysischen Tücken, Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag.

Groen, Maike (2014): Ladies <3 Gaming: E-Sport und die (Ent-)Dramatisierung von Geschlecht, in: PAIDIA (online), https://www.paidia.de/ladies/ [01.12.2022].

Hahn, Sabine (2017): Gender und Gaming. Frauen im Fokus der Games-Industrie, Bielefeld: Transcript Verlag.

Holden, John, Thomas Baker & Marc Edelman (2020): The #E-Too Movement. Fighting Back Against Sexual Harassment in Electronic Sports, in: Arizona State Law Journal (online), https://ssrn.com/abstract=3487961 [01.12.2022].

„Keinen Pixel“ (2020): GamerGate. Eine Retrospektive (online), https://keinenpixel.de/2020/10/20/gamergate-eine-retrospektive-teil-2-die-allianz-der-anti-feministen/ [01.12.2022].

Kiel, Nina (2014): Gender In Games, Hamburg: Verlag Dr. Kovač.

Madden, Daniel, Yuxuan Liu, Haowei Yu, Mustafa Feyyaz Sonbudak, Giovanni M Troiano & Casper Harteveld (2021): “Why Are You Playing Games? You Are a Girl!”. Exploring Gender Biases in Esports, in: CHI ’21: Proceedings of the 2021 CHI Conference on Human Factors in Computing Systems (online), https://dl.acm.org/doi/10.1145/3411764.3445248 [01.12.2022].

Newman, Michael Z. (2017): Atari Age. The Emergence of Video Games in America, Cambridge: MIT Press.

PAIDIA (2014): Gender in Games and Gaming (online), https://www.paidia.de/sonderausgaben/sonderausgabe-special-issue-gender-in-games-and-gaming/ [01.12.2022].

PAIDIA (2022): Play(his)story – Gender, Queerness und Geschichte von, in und mit Digitalen Spielen (online), https://www.paidia.de/einleitung-playhisstory-gender-queerness-und-geschichte-von-in-und-mit-digitalen-spielen/ [01.12.2022].

Richard, Birgit (2004): Sheroes. Genderspiele im virtuellen Raum, Bielefeld: Transcript Verlag.

Ruberg, Bonnie, Amanda L. L. Cullen & Kathryn Brewster (2019): Nothing but a „titty streamer“. Legitimacy, labor, and the debate over women’s breasts in video game live streaming, in: Critical Studies in Media Communication, S. 466-481.

Taylor, T. L. (2018): Watch Me Play. Twitch and the Rise of Game Live Streaming, Princeton: Princeton University Press.

Van Beek, Alan Lena (2022): „I can’t think straight“. Mods als Queer Empowerment und ihr Scheitern an der Heteronormativität am Beispiel der Figur Alistair in ‚Dragon Age: Origins‘, in: PAIDIA, https://www.paidia.de/i-cant-think-straight-mods-als-queer-empowerment-und-ihr-scheitern-an-der-heteronormativitaet-am-beispiel-der-figur-alistair-in-dragon-age-origins/ [01.12.2022].

Walsdorff, Finja (2022): Mods, Gender & Empowerment. Modding als Diversitätsstrategie, in: PAIDIA, https://www.paidia.de/mods-gender-empowerment-modding-als-diversitaetsstrategie/ [01.12.2022].


[1] Im deutschsprachigen Raum z. B. Deuber-Mankowsky (2001), Richard (2004), Kiel (2014), Hahn (2017). Hingewiesen sei an dieser Stelle auch auf zwei themenbezogene PAIDIA-Sonderausgaben: „Play(his)story – Gender, Queerness und Geschichte von, in und mit Digitalen Spielen“ (2022, herausgegeben von Aurelia Brandenburg und Peter Färberböck) sowie „Gender in Games and Gaming“ (2014).

[2] z. B. Taylor (2018).

[3] z. B. van Beek (2022), Walsdorff (2022).

[4] z. B. Consalvo (2018), Ruberg et al. (2019).

[5] Newman 2017, 97.

[6] Keinen Pixel 2020, 6.

[7] z. B. ADL (2022), Bryter (2022).

[8] z. B. Groen (2014), Holden et al. (2020), Madden et al. (2021).

Beitragsbild: Aloy aus Horizon Zero Dawn, © Guerrilla Games 2017, Quelle: https://www.playstation.com/en-gb/games/horizon-zero-dawn/